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Wenn die Polizei auftaucht, werden Autofahrer nervös
23.09.2016 11:34 (2049 x gelesen)

Bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle nachts verhalten sich Autofahrer kooperativ - Freiwilliger Urintest.

Von Heike Kinkopf

Jung, männlich, getunter Wagen - so sieht der typische Autofahrer aus, den Polizisten bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle auf dem Kieker haben. Wer das annimmt, irrt. Obwohl es seltener vorkommt, dass eine Mutter mit kleinen Kindern angehalten wird, räumt Simon Weiland (28) ein. Der Polizeibeamte sitzt mit seiner Kollegin Liane Schmelcher (25) im blau-silbernen Mercedes Kombi. Sonntagnacht kontrollieren sie in der Hafenstraße Heilbronn Autofahrer.



Obwohl keiner hinter dem Steuer Alkohol getrunken, Cannabis geraucht oder Amphetamine geschluckt hat, wirkt nahezu jeder ein bisschen nervös. Kooperativ sind sie alle.

„Das ist ihre Arbeit“, kommentiert ein 37 Jahre alter Mann aus Eppingen die nächtliche Kontrolle durch die Polizisten vom Revier Heilbronn. Geboren in Kasachstan, besitzt er den deutschen Pass seit 2003. Der Führerschein indes ist in Polen ausgestellt worden. „Da macht es bei uns bling“, sagt Simon Weiland. Kollegin Schmelcher fragt über das Mobiltelefon bei der polizeilichen Datenstation nach, ob irgendetwas gegen den Mann vorliegt. Derweil fühlt Simon Weiland dem Eppinger auf den Zahn: Schon mal mit Drogen zu tun gehabt? Haben Sie was getrunken?

Der 37-Jährige verneint. Er wirkt zappelig, trippelt von einem Fuß auf den anderen. Die fahrigen Hände sind ständig in Bewegung. Der 37-Jährige will zur Zigarette greifen, doch Weiland stoppt ihn.

Zweifel Nichtsdestotrotz kommt der Mann bereitwillig den Aufforderungen der Polizisten nach. Er absolviert kleine Übungen, bei denen Motorik und Zeitgefühl gefragt sind. Die Ergebnisse - nun ja. Sie machen misstrauisch und wecken Zweifel an der Fahrtüchtigkeit. „Haben Sie wirklich nichts getrunken?“, hakt Weiland nach. Der Eppinger schüttelt den Kopf. „Sie können einen Test machen“, schlägt er vor. Weiland holt das Atemalkoholmessgerät und lässt ihn pusten. Danach händigt ihm Liane Schmelcher einen Plastikbecher aus, der Mann stellt sich etwas abseits und uriniert in den kleinen Behälter. Zwei Minuten später liegt das Ergebnis des Schnelltests vor. Der Autofahrer ist sauber. Auch keine Drogen. Seine Nervosität erklärt er damit, dass seine Frau zu Hause auf ihn warte.

Mehr oder minder angespannt wirken an diesem Abend beinahe alle, die angehalten werden. Es trifft auch Tim Kilian (24) aus Heilbronn. „Man ist ein bisschen nervös“, sagt er. Warum, das wisse er selbst nicht. Schließlich ist es nicht seine erste Polizeikontrolle. Unter Zeitdruck steht ein 45 Jahre alter Heilbronner, der zur Spätschicht muss. Die Kontrolle stiehlt ihm seine knappe Zeit bis Arbeitsbeginn. Es hilft nichts. Die Polizisten befragen ihn und fordern ihn zu den kleinen Übungen auf. Das Stehen auf einem Bein - „eine Katastrophe“, bescheinigt ihm hinterher Simon Weiland. Bei geschlossenen Augen die Nasenspitze mit dem Zeigefinger berühren: „Sie haben sie nicht getroffen“, bilanziert Weiland. Mit einem Urintest ist der Heilbronner einverstanden. Das Ergebnis schafft Klarheit. Der 45-Jährige kann weiterfahren.

Die kleinen Geschicklichkeitstests dienen den Polizisten als Anhaltspunkte. Sie bauen eine kleine Indizienkette auf. Weiter können gerötete Augen, unkontrolliertes Zucken, ein Zittern des Körpers oder ein ununterbrochener Redeschwall zu den Anzeichen eines Drogenkonsums gehören.

Liane Schmelcher und ihr Kollege Simon Weiland treffen bei der allgemeinen Verkehrskontrolle anscheinend den richtigen Ton: freundlich, höflich, klar in der Ansage. Sie wollen Verkehrssünder ertappen, dabei aber niemanden unnötig piesacken. Tim Elischer aus Heilbronn zum Beispiel findet weder ein Warndreieck noch eine Warnweste oder den Verbandskasten im recht vollgestopften Kofferraum seines kleinen Subaru. Da es ansonsten nichts zu bemängeln gibt, belassen es die Polizisten bei einer mündlichen Verwarnung und der Aufforderung, die fehlende Ausstattung schleunigst anzuschaffen. „Es wäre doch schade, wenn das Menschliche verloren ginge“, sagt Schmelcher. Nachsicht zeigen die Beamten bei einem Fahrer, der die Räder nicht wie vorgeschrieben im Fahrzeugschein eingetragen hat.

Wie häufig die Polizei im Stadt- und Landkreis Heilbronn und im Hohenlohischen allgemeine Verkehrskontrollen abhält, dazu gibt es dem Polizeipräsidium zufolge keine Angaben. „Dazu können wir keine Aussage treffen“, sagt Polizeisprecherin Yvonne Schmierer. Wenn eine Streife jemanden sehe, der sich in irgendeiner Weise auffällig verhalte, dann kontrolliere sie ihn. Liane Schmelcher und Simon Weiland bestätigen dies. Verlaufe zum Beispiel eine Nachtschicht verhältnismäßig ruhig, könne man sich spontan zu einer Verkehrskontrolle entschließen. Werden sie dann zu einem Einsatz gerufen, brechen sie die Kontrolle einfach ab und setzen sie später wenn möglich fort.

Rechte Autofahrer sollten jederzeit damit rechnen, von der Polizei angehalten zu werden. Ihre Rechte sind klar geregelt. Sie sind verpflichtet, anzuhalten, Führerschein und Fahrzeugschein vorzuzeigen. Kleine Übungen und Tests oder auch die Abgabe von Urin für einen Drogenschnelltest können Autofahrer dagegen verweigern. „Aber dann schränkt derjenige sich ja selbst ein“, meint Weiland. Gerade die Messung des Atemalkohols und die Urinprobe vor Ort schaffen schnell Klarheit. Ansonsten bleibt den Beamten die Möglichkeit, einen richterlichen Beschluss zu erwirken (Text unten). Und dann zieht sich die Kontrolle für alle Beteiligten in die Länge. Erfahrungsgemäß verweigern vor allem diejenigen die Tests vor Ort, die befürchten, wegen Rauschmittels aufzufliegen.

Quelle: Heilbronner Stimme


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