Sonderweg zum "Idiotentest" bleibt

Datum 10.08.2015 11:55 | Thema: 

Verwaltungsgericht bestätigt strengere Regeln im Südwesten -
Keine Promillegrenze

Wer betrunken am Steuer erwischt wird, muss in Baden-Württemberg eher zum „Idiotentest“ als in anderen Ländern. Diese Regelung hat der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim jetzt bestätigt. Sobald ein Strafgericht den Führerschein kassiert habe, dürften ihn die zuständigen Behörden nur noch nach einer positiven medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) herausgeben. Das entschieden die Richter in einem vor kurzem veröffentlichten Urteil (AZ.: 10 S 116/15).


Dies gelte auch, wenn der Fahrer weniger als 1,6 Promille im Blut gehabt habe und erstmals erwischt wurde.
Die Frage, ob schon nach der ersten Trunkenheitsfahrt ein „Idiotentest“ fällig wird, ist rechtlich umstritten. In den meisten Bundesländern wird die MPU bei Ersttätern erst ab einem Schwellenwert von 1,6 Promille angeordnet. Lediglich Berlin und Baden-Württemberg handhaben dies strenger. Das führe zu einer kuriosen Wanderbewegung, sagte ADAC-Jurist Markus Schäpe. Manche Berliner und Baden-Württemberger verlegen nach einer Verurteilung einfach ihren Wohnsitz, um ihren Führerschein ohne „Idiotentest“ zurückzubekommen.
Das es zu dem Thema zwei verschiedene Rechtsauffassungen gebe, sei eine „völlig absurde Situation“, betonte Schäpe. Nötig sei eine klare, einheitliche Rechtsauslegung, die sich auf die Expertise etwa von Rechtsmedizinern stütze.
Mit dem Thema wird sich möglicherweise das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig beschäftigen müssen. Im aktuellen Urteil sei der Gang zur nächsten Instanz zugelassen worden, erklärte der VGH. Allerdings habe der Kläger bislang noch keine Revision eingelegt.
Nach einer Trunkenheitsfahrt wird ein Strafgericht eingeschaltet, wenn der Fahrer mehr als 1,1 Promille Alkohol im Blut hatte. Gleiches gilt, wenn er zwar nicht so stark alkoholisiert war, aber Ausfallerscheinungen gezeigt oder einen Unfall verursacht hat. Entzieht das Gericht den Führerschein, entscheiden üblicherweise die Fahrerlaubnisbehörden, ob sie eine MPU verlangen. In Baden-Württemberg gelte dies jedoch nicht mehr, sagte Schäpe. Hier seien die Behörden gezwungen, einen „Idiotentest“ anzuordnen.
Genau dies war im aktuellen Fall dem Kläger passiert. Er war mit einem Blutalkoholwert von 1,49 Promille am Steuer erwischt worden. Ein Strafgericht verurteilte ihn zu einer Geldstrafe und zog seinen Führerschein ein. Das Landratsamt Ortenaukreis wollte ihm ohne MPU die Fahrerlaubnis nicht zurückgeben. Zu Recht, befanden die VGH-Richter. Es komme nicht auf den Promillegehalt an und auch nicht darauf, ob der Führerschein erstmals entzogen werde. Bei einer strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis sei immer eine MPU anzuordnen.
Ohne eine gute Vorbereitung sei der „Idiotentest“ kaum zu schaffen, warnte Schäpe. Er vermutet, dass sich die Zahl der MPU in Baden-Württemberg durch die seit 2014 geltende strengere Rechtsauffassung nahezu verdoppelt hat. Ein erheblicher Teil der Alkoholfahrten liege in dem Berich zwischen 1,1 und 1,6 Promille, für den in Baden-Württemberg immer eine MPU fällig werde.

Berauscht: Die MPU wird deutschlandweit jährlich mehr als 90000 Mal angeordnet, in der Hälfte der Fälle nach Trunkenheitsfahrten. Die Durchfallquote liegt bei 40 Prozent. Auch Drogenkonsum kann zum „Idiotentest“ führen. Wer etwa in der Disco mit verbotenen  Aufputschmitteln erwischt wird, muss laut ADAC damit rechnen, dass ihm der Führerschein unabhängig von einer Autofahrt entzogen wird. Erst wenn der Betreffende die MPU bestanden und ein Jahr keine Drogen genommen hat, erhält er ihn zurück.

Von Sandra Cotolano, dpa, Quelle Heilbronner Stimme.



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